• 9. Februar 2025

Leider können die Positionen im Kandidierenden-Check zur Bundestagswahl 2025 bei Abgeordnetenwatch nur mit „Zustimmung“ oder „Ablehnung“ beantwortet werden. Als Kandidat finde ich das unzureichend, da nur eine Zustimmung oder Ablehnung ohne Erläuterung völlig falsch interpretiert werden kann. Zudem sind viele Themen schlicht zu komplex, um sie auf „Ja“ oder „Nein“ herunterzubrechen.

Hier daher meine Erläuterungen zum Kandidierenden-Check, insbesondere zu Positionen, bei denen ich „neutral“ geantwortet habe.

Erläuterungen von Johann Martel zu seinen Positionen beim Kandidierenden-Check von Abgeordnetenwatch

1: Die Rolle von Bürgerräten soll in der parlamentarischen Demokratie gestärkt werden. (Neutral)

Bürgerräte werden derzeit als ‚Ersatz‘ für Direkt Demokratie gehandelt, sie sind es aber nicht. Ich setze mich für Direkt Demokratie nach Schweizer Vorbild ein! Da ich sie aber auch nicht für nachteilig halte, wenn sie wirklich zufällig gelost werden und nicht nach irgendwelchen Quoten, bewerte ich die Aussage mit „neutral„.

2: Parteispenden von Unternehmen und Verbänden sollen verboten werden. (Zustimmung)

Ich habe Zweifel, dass so ein Verbot nicht umgangen werden könnte, indem z.B. die Besitzer, Investoren und Geschäftsführer der jetzt spendenden Unternehmen dann eben als Privatpersonen spenden. Die AfD bekommt weder Parteispenden von Unternehmen, noch von Verbänden, wir wären also nicht betroffen und ich habe daher keinen Grund dem nicht zuzustimmen. Doch welche Partei stellt diese Forderung überhaupt in Aussicht, wo doch die anderen Parteien alle von diesen Spenden profitieren?

3: Die Schuldenbremse soll in ihrer jetzigen Form erhalten bleiben. (Zustimmung)

Die Schuldenbremse ist wichtig. Beispielsweise wendet Baden-Württemberg jährlich Milliarden für Zinsen auf (und wir haben noch vergleichsweise wenig Schulden), die ohne Gegenwert verpuffen. Mit dem Geld für die Zinsen könnten wir den kompletten Investitionsstau unserer Krankenhäuser sofort beheben. Von daher dürfen die Schulden nicht unnötig erhöht werden. Bei 1.000 Milliarden Euro an erwarteten Steuereinnahmen 2025 haben wir auch kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem.

4: Es soll einen staatlich festgelegten Mietendeckel geben. (Ablehnung)

Obwohl Mieter das nicht gerne hören, muss man sich Gedanken darüber machen, warum denn so viele Wohnungen leer stehen? Warum wird nicht mehr Wohnraum gebaut? Vermieten ist für viele Besitzer unattraktiv geworden, weil es zu schwierig ist Problemmieter wieder loszuwerden und nicht auf kostspieligen Schäden sitzen zu bleiben. Weniger Mieterschutz kann daher dazu führen, dass wieder mehr Vermieter bereit sind ihr Eigentum zu vermieten (statt leer zu lassen) und auch neuen Wohnraum zu schaffen. Davon profitieren dann auch Mieter, die einfacher wieder etwas anderes finden würden. Dasselbe gilt für Mietendeckel und ähnliche Eingriffe in den freien Markt. Hier wird ein Problem nur verschlimmert. Wenn der Staat einen Mietendeckel vorgibt, dann wird schlichtweg niemand mehr bauen, wenn der Deckel zu niedrig ist. Folglich wird der verbleibende Wohnraum noch knapper. Ein Problem ist damit nicht gelöst.

5: Asylverfahren sollen in Staaten außerhalb der EU abgewickelt werden. (Zustimmung)

Ja, Asylverfahren sollten außerhalb der EU abgewickelt werden. Ein echter Flüchtling sollte nicht unnötig weite Strecken zurücklegen müssen, bis er einen Antrag stellen und somit erfahren kann, ob er überhaupt asylberechtigt ist.

6: Auf allen deutschen Autobahnen soll ein Tempolimit von 130 km/h eingeführt werden. (Ablehnung)

Nein, kein Tempolimit! Obwohl linke und grüne Kreise gerne vermitteln, dass es überall Tempolimits gäbe und das fehlende Tempolimit bei uns rückschrittlich wäre, so gibt es auch gegenteilige Entwicklungen. In den USA rütteln diverse Bundesstaaten am Tempolimit, nachdem jahrelange Studien zeigen, dass z.B. in Nevada Unfälle bei höherer Geschwindigkeitsbegrenzung zurückgingen!

Ähnliche Tendenzen gibt es in Idaho, Utah, Wyoming und Montana. In Texas gibt es Strecken mit einem Tempolimit von 85 mph (137 km/h). In den Vereinigten Arabischen Emiraten hingegen gibt es zwar Tempolimits, diese liegen aber teils bei 160 km/h, dazu kommt eine straflose Geschwindigkeitsübertretung von 20 km/h – faktisch also 180 km/h. Gerade da Autos immer sicherer werden durch moderne Technik, gibt es keinen Grund, die Bürger unnötig einzuschränken, denn bei Gefahrenstellen gab es schon immer Tempobeschränkungen.

7: Das Renteneintrittsalter soll steigen, wenn die Lebenserwartung zunimmt. (Ablehnung)

Ja, wenn die Lebenserwartung deutlich zunimmt, dann muss logischerweise auch das Renteneintrittsalter steigen. Doch die Lebenserwartung nimmt in Deutschland gar nicht mehr ernsthaft zu und Deutschland liegt sowieso nur im Mittelfeld. Über 20 Länder weisen eine deutlich höhere Lebenserwartungen auf. Eine Erhöhung des Renteneintrittsalters ist daher aktuell keine Option.

8: Privatversicherte sollen in die gesetzliche Krankenversicherung einzahlen. (Ablehnung)

Ich bin selbst gesetzlich krankenversichert. Trotzdem sage ich: Privatversicherte in die gesetzliche Krankenversicherung aufzunehmen löst kein wirkliches Problem. Es gibt dadurch nicht mehr Ärzte und somit auch keine schnelleren Termine!

Stattdessen würde die Gesetzliche Krankenversicherung für alle noch teurer werden! Denn die privat Versicherten bezahlen für dieselbe Leistung wesentlich mehr. Zudem werden die gesetzlich versicherten durch Bundeszuschüsse entlastet (14,5 Milliarden Euro im Jahr 2024), von denen dann künftig auch die privat Versicherten profitieren würden, also insgesamt würde die Entlastung pro Versichertem daher sinken.

Wären Privatversicherte gesetzlich versichert, dann wären dem Gesundheitssystem beispielsweise 2022 12,33 Milliarden Euro verloren gegangen. Besonders den Arztpraxen würden jährlich fast 7 Milliarden Euro fehlen – pro niedergelassenem Arzt durchschnittlich über 63.000 Euro. Das entspricht z.B. dem Einkommen von 1,75 Fachangestellten, die eine Praxis dann weniger beschäftigen könnte! Und es würde den Ärztemangel verschärfen, denn die Motivation auszuwandern steigt mit weiteren Belastungen.

Die Diskussion um gesetzlich/privat dient der Ablenkung, dass die realen Probleme (Abbau des Gesundheitswesens, schließende Krankenhausabteilungen und ganze Krankenhäuser, fehlende Ärzte und Fachärzte, Medikamentenmangel, Abbau von Apotheken, usw.) politisch verursacht sind!

Obwohl ich selbst gesetzlich versichert bin, bin ich daher für die Beibehaltung des geteilten Systems GKV/PKV. Es ist typischer linker Populismus, gegen andere zu wettern, um vom eigenen politischen Versagen abzulenken. Doch ohne PKV wären die Belastungen in der GKV für alle noch höher.

9: Wer Bürgergeld bekommt, soll zur gemeinnützigen Arbeit verpflichtet werden. (Zustimmung)

Wer Bürgergeld bekommt, soll zur gemeinnützigen Arbeit verpflichtet werden. Wer von der Allgemeinheit Geld bekommt und arbeitsfähig ist, der kann auch die Allgemeinheit unterstützen, z.B. indem er bei der Pflege von Parks und Spielplätzen hilft. Das ist keine Strafe, sondern das ist eine angemessene Gegenleistung dafür, dass die Allgemeinheit finanziell für einen sorgt.

10: Die Kindergrundsicherung soll 2025 eingeführt werden. (Neutral)

Die Bündelung von Leistungen als Kindergrundsicherung klingt gut, weil es nach Bürokratieabbau klingt. Doch Familienarmut und Kinderarmut bekämpft man nicht, indem Empfänger von Sozialleistungen noch mehr bekommen. Profitieren werden die, die vom Sozialsystem profitieren, ohne jemals selbst eingezahlt zu haben. Leider nicht profitieren werden die Durchschnittsfamilien am unteren Einkommensniveau.

Ich bin daher dafür, dass man den Familien mehr von ihrem verdienten Geld lässt (viel höhere Freibeträge beim Einkommen!) statt Geld an alle umzuverteilen, welches man gleichzeitig erst anderen abnehmen muss. Dazu dient das Familiensplitting zusätzlich zum Ehegattensplitting, sowie weniger Umsatzsteuer auf Kinderartikel und Grundnahrungsmittel.

11: Deutschland soll mindestens 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Militär und Verteidigung ausgeben. (Neutral)

Deutschland muss sich, zusammen mit den anderen europäischen Ländern, auch ohne die USA und die NATO verteidigen können. Das heißt nicht, dass wir die NATO verlassen müssen, sondern eben eine notwendige militärische Selbstständigkeit. Nur wer sich verteidigen kann, wird nicht in Kriege hineingezogen.

Höhere Ausgaben für die Verteidigung befürworte ich daher, jeden Kriegseinsatz lehne ich aber ab. Grundsätzlich verfolgen wir den Standpunkt, dass wir uns in die Innenpolitik anderer Länder nicht einmischen sollten – was Deutschland aber immer wieder militärisch macht.

12: Das Deutschlandticket soll über 2025 hinaus zu einem ähnlichen Preis wie bisher angeboten werden. (Zustimmung)

Das Deutschlandticket ist, wie generell die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel, ein gutes Angebot – aber eben nur, wenn es praktisch auch nutzbar ist. Das ist bei der Deutschen Bahn bei zu vielen Stecken gar nicht der Fall, da diese nicht zuverlässig sind, unpünktlich, zu viele Zugausfälle haben und der Service teils unterirdisch ist (Angebot an benutzbaren Toiletten, Verdreckung, verspätete oder unverständliche Ansagen, usw.) Ich halte es daher auch für Wahlkampflügen, wenn man den Wählern neue Bahnverbindungen verspricht, obwohl noch nicht mal die bestehenden zuverlässig bedient werden können. Ich halte den Individualverkehr (PKW) daher für noch lange Zeit notwendig, besonders im ländlichen Raum. Er ist keine Konkurrenz, sondern ergänzt, was der öffentliche Nahverkehr nicht leisten kann. Der Staat muss daher Straßen ebenso fördern wie den Bahnverkehr.

Zu 13: Die Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen soll abgeschafft werden (§ 218). (Neutral)

Ein Schwangerschaftsabbruch fällt niemandem leicht. Und keine Frau darf für eine Abtreibung bestraft werden und das wird auch keine. Aktuell sind Schwangerschaftsabbrüche nach § 218 illegal, aber eigentlich immer straffrei. Das ist eine bewährte Regelung, die ich nicht ändern würde.

Wichtiger ist doch, dass der Staat Rahmenbedingungen schafft, in denen keine Frau mehr aus rein finanziellen Gründen eine Schwangerschaft beenden will (denn das ist der häufigste Grund dafür!) Niemand sollte sich nur wegen fehlendem Geld zur Abtreibung gezwungen sehen.

Mit einer besseren Familienpolitik können wir solche Rahmenbedingungen schaffen, damit sich mehr werdende Mütter trauen das Kind zu bekommen.

Zu 14: Es soll eine allgemeine Wehrpflicht für alle jungen Erwachsenen geben. (Neutral)

Zu 14: Die allgemeine Wehrpflicht war aus vielen Gründen sinnvoll. Ich halte aber den Zeitpunkt für eine Diskussion über die Wiedereinführung für falsch. Durch das Engagement unserer Regierung in einem Krieg könnte man meinen, dass die Wehrpflicht dazu führen soll, dass wir Soldaten in diesen Krieg schicken wollen. Das lehnen wir ab. Zudem bedeutet eine Wehrpflicht erstmal steigende Kosten, u.a. für weitere Gebäude, Fahrzeuge, Ausrüstung und Gehalt für die vielen zusätzlichen Wehrpflichtigen. Dabei hat unsere Bundeswehr schon jetzt nicht genügend Geld.

15: Der Mindestlohn soll auf 15 Euro pro Stunde steigen. (Neutral)

Ja, 15 Euro Stundenlohn sind angemessen in Deutschland. Doch dies gesetzlich vorzuschreiben ist Populismus, der zu einer Preisspirale führt. Außerdem wird die Regelung regelmäßig umgangen, z.B. durch Scheinselbstständigkeit.

Ein höherer Mindestlohn ist daher eine typisch linke Nebelkerze – man verspricht mehr Lohn, ohne zu erwähnen, dass dadurch eine Kostensteigerung befeuert wird, die den zusätzlichen Lohn auffressen wird.

Außerdem gibt es nun mal Tätigkeiten, bei denen eine solche Vergütung zu einer Wettbewerbsverzerrung führt. Wenn z.B. für Erntehelfer 15 Euro Mindestlohn bezahlt werden müssen, dann ist die deutsche Landwirtschaft noch weniger konkurrenzfähig gegenüber anderen Staaten.

16: Die staatliche Förderung erneuerbarer Energien soll schrittweise abgebaut werden. (Zustimmung)

Ja, die Förderung erneuerbarer Energien muss abgebaut und beendet werden! Der Schwindel um die angeblich niedrigen Kosten von „Erneuerbaren“ geht schon viel zu lange. Wenn z.B. Windkraft nur 20% der Zeit Strom liefert (so die offizielle Regierungsangabe für Baden-Württemberg) müssen immer Backup-Kraftwerke bereitstehen. Diese werden bei den Stromkosten nicht berücksichtigt, obwohl es ohne sie nicht geht. Wenn man diese Backup-Kraftwerke aber sowieso hat, dann könnte viel eher auf die Windkraftanlagen verzichtet werden.

Die privaten Besitzer z. B. von Photovoltaik-Anlagen bekommen natürlich ihre Förderung wie vertraglich vereinbart. Nur neue Förderungen wird es nicht mehr geben.

17: Eine Besteuerung auf Großvermögen soll wieder eingeführt werden. (Ablehnung)

Nein, was eine Besteuerung von Großvermögen bewirkt, das konnte man in Frankreich sehen. Dort hat man die Fehlentscheidung nach kürzester Zeit rückgängig gemacht! Die Betroffenen wandern aus, am Ende hat man gar nichts gewonnen – im Gegenteil. Vielleicht gehen die Arbeitsplätze der Unternehmen, die diese Reichen besitzen, auch noch verloren.

Außerdem ist unklar, was „Großvermögen“ sein sollen. Beim früheren Freibetrag von 120.000 DM pro Kopf wären auch Ärzte, Ingenieure, etc. betroffen. Das erhöht die Quote der jährlich auswandernden Ärzte und Fachkräfte also nur. Hat davon dann der Kleinverdiener etwas, wenn er noch schwieriger einen Arzt findet?

Die wirklich Reichen trifft man hingegen nicht, weil ihr Geld über Stiftungen und andere Konstruktionen verschoben wird. Die Forderung ist daher typischer linker Populismus, der nach hinten losgehen wird.

18: Lobbyist:innen sollen verpflichtet werden, ihre Treffen mit der Politik im Lobbyregister zu veröffentlichen. (Zustimmung)

Ja, Lobbyisten sollten ihre Treffen mit der Politik offenlegen.

Meine Einschätzung

Insgesamt bleibt nach den Fragen von Abgeordnetenwatch leider der Eindruck, dass durch die Fragestellungen gezielt manipuliert wird, damit möglichst viele, die den Check machen, eine hohe Übereinstimmung mit typisch linken Politikern und möglichst nicht mit rechten Politikern bekommen.

So wurden beispielsweise Fragen platziert, die in den Wahlprogrammen gar keine Rolle spielen (wie Frage 2), aber immer hohe Zustimmung erfahren. Ebenso macht bei manchen Fragen eine Ablehnung gar keinen Sinn, z.B. ob das Deutschlandticket zu einem ähnlichen Preis angeboten werden soll wie bisher. Wer würde hier ablehnen? Entweder wäre es einem egal oder man würde zustimmen! Fragen nach den Kosten oder Alternativen wären viel wichtiger, aber wurden nicht gestellt (z.B. „sollte das Deutschlandticket vom Staat für XY Milliarden finanziert werden oder sollte dafür lieber die KfZ-Steuer sinken, damit sich mehr junge Menschen ein Auto leisten können?“) Oder wer von den Wählenden soll gegen einen höheren Mindestlohn sein? Diese Frage kann man nur verneinen, wenn man es begründen kann. Genau das fehlt dem „Check“ aber.

Wichtige Fragen hingegen hat man komplett weggelassen, damit es bloß nicht zur Übereinstimmung mit rechten Politikern kommt. Wären in Anbetracht der Situation und den Umfragen, was die Deutschen am meisten beschäftigt, nicht Fragen angebracht wie:

  • Sollte Deutschland versuchen den syrischen Flüchtlingen bei einer möglichst baldigen Rückkehr nach Syrien zu helfen?
  • Halten Sie ein strengeres Asylrecht für notwendig, beispielsweise wie es in Dänemark von einer sozialdemokratischen Regierung vertreten wird?
  • Halten Sie Windkraft für eine verlässliche Energieform und möchten Sie, dass noch mehr Windkraftanlagen gebaut werden?
  • Besteht die traditionelle Familie für Sie aus Vater-Mutter-Kind (ohne dass dies andere Lebensgemeinschaften abwertet oder diesen die Unterstützung verwehrt)?

Stattdessen wurde leider eine Sammlung von Fragen veröffentlicht, die durch Auswahl und Fragestellung gezielt zu möglichst viel Überschneidung mit linken Positionen führen.

Bei WahlSwiper wurden beispielsweise wesentlich relevantere Fragen gestellt.