Seit dem gestrigen Mittwoch ist die AfD offiziell Teil des Kreistages. Mit der Konstituierung des 10. Kreistages des Landkreises Neckar-Odenwald, die im Bürgerzentrum am Limes in Fahrenbach stattfand, nahmen 50 Kreisräte – darunter sehr viele neue – ihre Arbeit auf. Der Kreistag hat damit seine zulässige Maximalgröße durch Ausgleichssitze erreicht (max. 20% über den regulär 42 Sitzen).
Das erste Drittel der Sitzung gehörte noch dem alten (9.) Kreistag. Er stellte u.a. fest, dass keine Hinderungsgründe bei den neu- und wiedergewählten Kreisräten vorliegen, die einer Annahme des Ehrenamtes entgegenstehen würden. Anschließend gab es eine Ehrung der ausgeschiedenen Mitglieder. Ebenso wurden Kreisräte für langjährige Tätigkeiten geehrt.
Karl Heinz Neser, Vorsitzender der CDU-Fraktion über 25 Jahren und Kreistagsmitglied seit Gründung des Landkreises (!), wurde besonders für sein Engagement gewürdigt, nachdem er diesmal nicht wiedergewählt worden war. Zudem gab unser Landrat Dr. Achim Brötel einen Rückblick über die kreiskommunalen Ereignisse der letzten fünf Jahre.
Der neue (10.) Kreistag beschäftigte sich dann, nach der formalen Annahme der Tätigkeit durch jeden Kreisrat, zuerst mit weiteren Formalien, darunter die Wahl der Stellvertreter, die Sitzordnung, die Wahl der Ausschussbesetzungen, die Wahl der Aufsichtsräte und mehr. Anschließend gab es einen Haushaltszwischenbericht des Kreiskämmerers Michael Schork zu den Finanzen des Landkreises zum Stand Halbjahr 2019.
Dem folgten zwei Abstimmungen, bei denen jedoch kein Diskussionbedarf bestand. Das eine war die moderate Anpassungen der Richtlinien für die außerschulische Nutzung von Einrichtungen an kreiseigenen Schulen, also Mietbedingungen für Vereine, das andere waren Anpassungen bzw. eine Neuregelung über die Erhebung von Kostenbeiträgen in der Kindertagespflege, die jedoch rein formell waren, da die Rahmenbedingungen durch das „Gute-KiTa-Gesetz“ bestimmt wurden und vom Kreis nur umgesetzt werden müssen. In dem Zusammenhang muss daran erinnert werden, dass der Kreistag kein Teil der Legislative (gesetzgebende Gewalt) ist, sondern der Exekutive, also der ausführenden Gewalt.
Zukunft
Als bedeutende Kreis-Themen der nahen Zukunft lassen sich derzeit ausmachen:
1. Die Abschwächung der Konjunktur
Die Einnahmen werden sinken, die Ausgaben steigen. Es wird wichtig sein, darauf zu achten, wo dann noch gespart werden kann bzw. soll.
2. Die Krankenversorgung
Die Defizite der Neckar-Odenwald-Kliniken werden voraussichtlich nicht sinken. Krankenkassen und Bundespolitik, die das Problem lösen könnten und müssen (!), werden das Problem in absehbarer Zeit nicht lösen und lassen die Träger (meist Stadt- und Landkreise) damit finanziell ausbluten.
3. Die Rettungszeiten
Die gesetzlich vorgeschriebenen 15 Minuten sind ein viel zu hoher Wert. Andere Bundesländer haben hier mit acht Minuten nur halb so hohe, vorgesehen Rettungszeiten, was medizinisch auch Sinn macht. Und nicht mal diese Zeiten werden überall eingehalten. Doch statt dass es besser wird, droht nochmals eine Verschlechterung. Im Rahmen der Neuordnung des Rettungsdienstes und der Leitstellen, die nicht nur Vorteile bringt, drohen auch Kosten, die wiederum zum Sparen zwingen könnten.
4. Der Neubau des Gymnasiums Osterburken
Das Gymnasium Osterburken stellt eine Sonder-Situation dar, da allgemeinbildende Gymnasien in der Regel nicht von Landkreisen betrieben werden. Aufgrund der historischen Situation (die damals noch kleinere Gemeinde Osterburken wäre finanziell mit dem Betrieb gescheitert), bat das Land Baden-Württemberg den Kreis um die Übernahme und somit den Erhalt des dringend benötigten Gymnasiums. Aus dieser temporären Lösung wurde ein Dauer-Zustand. Neben dem jährlichen Defizit für den Landkreis stellt nun insbesondere der notwendig gewordene Neubau des Gymnasiums eine enorme Belastung für den Landkreis dar, die gestemmt werden muss. Gleichzeitig muss neu verhandelt werden.
5. Der Verkehr
Auf dem Programm stehen geplante, ebenso wie gewünschte Änderungen beim Zugverkehr, u.a. der Madonnenlandbahn (Bahnstrecke Seckach–Miltenberg), zudem der Probebetrieb der Frankenbahn.
Aber auch die „Odenwald-Transversale“ ist immer noch kommunales Thema.
6. Windkraft-Ausbau
Wir gehen davon aus, dass bald der Bau neuer Windkraftanlagen zum Thema im NOK werden wird (Übersicht bestehender Anlagen). Die Landesregierung hat bis nach den Wahlen gewartet, um ihren neuen Windatlas vorzustellen, der deutlich mehr Windkraft-Flächen ausweist. Das komplette Gebiet um Mosbach ist nun eine „windkrafttaugliche Fläche“.
Der neue Windatlas ist stark manipuliert, um die ideologischen Ziele zu erreichen. Anders jedenfalls kann man sich nicht erklären, dass der Wind schlagartig an der deutsch-schweizerischen Grenze stoppt. 30% geringe Windgeschwindigkeiten gibt es, laut schweizerischem Bundesamt für Energie, im Vergleich zum Windatlas der grün-schwarzen Landesregierung von Baden-Württemberg, sobald der Wind die Grenze überschreitet.
Statt geplanten 2.100 Windkraftanlagen bis 2020 wurden bisher nur 720 in Baden-Württemberg angebunden, die etwa 3% des Strom-Volumens entsprechen. Selbst mit 2.100 Anlagen wäre somit keine „Energiewende“ möglich, mal abgesehen von den fehlenden Speichermöglichkeiten und damit verbunden den nötigen „dreckigen“ Backup-Kraftwerken.
Trotzdem müssen wir uns, aufgrund der neuen Ausweisungen im Windatlas, nun im Neckar-Odenwald darauf einstellen, dass neue Bauanträge für Anlagen kommen werden.