In der heutigen Sitzung des Kreistags in Mudau ging es um eine Stellungnahme des Landkreises an die Metropolregion Rhein-Neckar bezüglich deren Regionalplan. Dieser sieht Vorrangflächen für Windkraftprojekte vor, bei denen der Neckar-Odenwald-Kreis übermäßig belastet wird. 6,7% des Landkreises sollen für Windkraftprojekte ausgewiesen werden. Doch das ist noch nicht alles.

Unsere Rede zum Tagesordnungspunkt Ö3 “Fortschreibung des Teilregionalplans Windenergie zum Einheitlichen Regionalplan Rhein-Neckar – Stellungnahme des Neckar-Odenwald-Kreises unter dem Aspekt der Kreisentwicklung” (K/2024/083) im Folgenden.

Rede zum Windkraft-Regionalplan


Sehr geehrter Herr Landrat,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste und ggf. auch Betroffene,

[vorweg zur Vorrednerin:] wir lehnen Windenergie nicht „sowieso“ ab, sondern nur in Regionen, in denen sie unsubventioniert nicht rentabel ist. An der Küste Portugals können Sie diese sehr gerne nutzen.1

Seit 51 Jahren existiert unser Landkreis und wir sprechen heute über die sicher größten Veränderungen seit seiner Existenz. Die bisherige Aufmerksamkeit für dieses Thema war jedoch gering.

Wer von Ihnen war schon mal auf der Webseite unserer Metropolregion und hat sich dort gar Planungsunterlagen angesehen? Ich bin überzeugt davon, dass weit über 99% der Bürger noch nie dort waren und die meisten vermutlich gar nicht wissen, dass wir planungstechnisch Teil einer Metropolregion sind und was das für sie bedeutet.

Unsere Häuser und Straßen machen etwa 11% des Landkreises aus. Nun sprechen wir über 6,7% Vorrangflächen für Windkraftanlagen. „Vorrang“ sagt schon aus, dass es nicht die Exklusivflächen sind, denn wer weiß was der Regierung noch einfallen wird. Aber die 6,7% sind nicht alles. Dazu kommen die Vorrangflächen für Freiflächen-Photovoltaik, ebenso in dreifacher Höhe von der Vorgabe an die Metropolregion.2 Außerdem kommen die bestehenden Anlagen dazu, die aber teils NICHT zum Flächenziel zählen werden.

Wer kann sich das alles vorstellen? Wo ist die Visualisierung des Gesamtbildes, welches unseren Landkreis für immer verändern wird?

Ich konnte mir diese Gesamtveränderung nur schwer vorstellen. Deshalb haben wir uns die Mühe gemacht, nach bestem Wissen alles in einem Gesamtbild zusammenzufügen. Wir haben Ihnen davon auch ein paar mitgebracht.

Vorrangflächen Windkraft & Freiflächen-Photovoltaik Neckar-Odenwald-Kreis
Vorrangflächen Windkraft & Freiflächen-Photovoltaik Neckar-Odenwald-Kreis auf Grundlage der Raumnutzungskarten der Metropolregion Rhein-Neckar

Dazu als Vergleich die Metropolregion [oben links], damit jeder den Beitrag einschätzen kann, den unser Landkreis leisten soll. Von der Planungsregion mit 5.638 km² macht unser kleiner Neckar-Odenwald nur 1/5 der Fläche aus, doch wir sollen für die WKA die Hälfte der Flächen bereitstellen. Städte unserer Metropolregion, wie Mannheim, werden hingegen mit 0,0% ihrer Fläche eingeplant.

Wozu das alles? Für eine sogenannte „Energiewende“, über die bereits 2019 das New Yorker „Wall Street Journal“, die zweitstärkste Zeitung der USA, schrieb, dass Deutschland die dümmste Energiepolitik der Welt betreibt. Da darf sich also die Ampel freuen, denn es ging schon vorher los. Auch die renommierte New York Times verriss die deutsche Energiewende schon zu Merkels Zeiten.

Doch all das ging wenigstens noch ohne die massive Erpressung der Bürger. Wir sprechen 1) davon, dass wir geringen Abständen zustimmen sollen, damit die Bestandsanlagen eher zählen. Und wir sprechen 2) von massiven Wertverlusten unserer Häuser.

Wenn wir die von der Regierung vorgeschriebenen, und letztlich willkürlich festgelegten, Flächenziele als Region nicht erreichen, dann droht man uns mit dem Entzug der Planungshoheit und einer „Super-Privilegierung“ für Windkraftanlagen. Man könnte sie quasi überall hinstellen, denn diese liegen dank der Gesetzesänderung des EEG im „überragenden öffentlichen Interesse“ und dienen angeblich „der öffentlichen Sicherheit“.3

Bereits die Ankündigung, dass man Ihnen eine Windkraftanlage quasi in den Garten setzen könnte, führt zum massiven Wertverlust.

Aber wir hier müssen mit der Realität arbeiten und solange fast alle meinen, dass man den Untergang der Menschheit durch Windräder bei uns aufhalten könnte, sollte man als betroffener Landkreis wenigstens Forderungen für „Entschädigungen“ erheben. Die Forderungen des Briefs sind daher durchaus vernünftig. Ein größerer Abstand und eine Entschädigung sind das Minimum, denn die überproportionale Belastung unseres Landkreises ist nicht in Ordnung.

Und Fairness ist wichtig! Politische Entscheidungen müssen eine nachvollziehbare Grundlage haben!

Aber es geht nicht nur um Bundesländer und deren unterschiedliche Abstandsregelungen. Vom benachbarten Bayern reden wir gar nicht erst, aber von 1000 m im hessischen Teilraum, 900 m im rheinland-pfälzischen Teilraum, außer beim Repowering, da langen 720 statt 900 m in Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg langen sogar nur 700 m.

Nein, es ist sogar noch viel detaillierter. Kaum zu glauben, aber zu Altenheimen muss ein Abstand von 1000 m eingehalten werden, hingegen zu Schulen und Kindergärten nur 300 m. Das ist sogar weniger als die 350 m Abstand zu Naturschutzgebieten.

Bei Autobahnen und Schienen gelten 100 m Abstand, bei Bundesstraßen und Landesstraßen 20 m, bei Kreisstraßen hingegen 15 m. Das finden Sie in Vorlage 2023/015 der Verbandsversammlung der Metropolregion Rhein-Neckar vom 15.12.2023, TOP 5, Anlage 1, Seite 9 und 10. Wer hat sich damit beschäftigt? Sicher kaum jemand, aber genau das wird unsere Region verändern!

Wir haben bereits bei den Vorrednern verschiedene Ansätze dazu gehört, wie man den Bürgern die unterschiedlichen Abstandsregelungen – je nach Bundesland – erklären möchte oder ob es besser wäre den Bürgern dies einfach zu verschweigen [so wohl die Tendenz der Grünen], damit es nicht zu einer Neid- oder Fairness-Debatte kommt. Die Kernfrage aber, die stellt keiner.

Worum geht es denn bei Abständen? Niemand kann leugnen, dass WKA auch Beeinträchtigungen haben wie Schattenwurf, Infraschall, Lärm, Wertverlust, usw. Über all diese Probleme konnten Sie bis 2015/2016 auch jede Menge kritische Berichte in renommierten deutschen Medien finden, dann hörten diese auf. Die Frage ist jedenfalls, wie groß muss der Abstand sein, damit die Beeinträchtigungen ohne ernsthafte Bedeutung für die Bürger sind. Danach muss sich der Abstand richten.

In Deutschland wurden bereits mehrere zehntausend Windkraftanlagen gebaut. Da sollte man meinen, dass es jede Menge aussagekräftige Studien geben muss. Und darauf basierend müssten überall dieselben Abstandsregeln gelten. Wir sind hier ja kein Teil von einem planlosen Experiment, oder?

Doch offenbar gibt es diese Studien wirklich nicht – trotz vielen Jahren Erfahrung und zehntausenden Anlagen. Die entscheidende Aussage dazu findet sich im Deutschen Ärzteblatt [2019], dass (Zitat) „nicht überraschend gerade jene Länder, die zu den größten Windpark-Betreibern weltweit gehören, wenig Ehrgeiz an den Tag legen die Gesundheitsrisiken zu erforschen“.

Es gibt also kaum wissenschaftliche Grundlagen für die Abstände und daher ist es kein Wunder, dass es Chaos gibt zwischen den einzelnen Bundesländern und in diesem Fall in unserer eigenen Metropolregion.4

Aber warum sollen wir das jetzt gegenüber den Bürgern beschönigen?

Ach natürlich – damit nicht „die Falschen“ Stimmen bekommen. Das ist [Ihnen] schließlich viel wichtiger als etwa rationale, wissenschaftliche und einheitliche Lösungen.

Kein Eingriff in die Natur ist ohne Folgen für die Natur. Auch Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen sind das nicht. Doch zu diesen stellen wir als Landkreis gar nicht erst Forderungen oder tätigen Eingaben.

Liebe Kollegen, ich habe versucht Ihnen die heutige Rede zu ersparen, denn unsere Zustimmung scheitert nicht an den Forderungen, sondern besonders an den Begründungen im zweiten und dritten Absatz. Das habe ich auch vorher mitgeteilt, aber auf die Zustimmung der AfD legte (erwartungsgemäß) niemand Wert. Deshalb muss ich nun aber erklären, wieso wir diesen Begründungen nicht zustimmen können.

Der Landkreis möchte durch die (Zitat) „Energiegewinnung aus Erneuerbaren Quellen die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und Energieimporten verringern“ und „äußeren Umstände“ wie dem „unübersehbaren Klimawandel und den geostrategischen Verwerfungen“ damit begegnen.

Der Landkreis ist also offenbar nicht nur für den Klimawandel zuständig, sondern auch für Geopolitik.

Auf die Bedeutung der fossilen Energieträger für die nötigen Backup-Kraftwerke gehe ich erst gar nicht ein, auch nicht auf den Größenwahn, eine Klimaveränderung durch Windräder aufhalten zu wollen. Doch woher kommen die Windkraftanlagen denn?

Sie brauchen Ersatzteile und Sie müssen alle Anlagen regelmäßig komplett ersetzen, letztes Jahr waren es beispielsweise über 420 alte Anlagen.5 Aber 7 der 10 größten Hersteller kommen aus China,6 die benötigten Rohstoffe für die Windkraftanlagen gibt es ebenfalls zu bedeutenden Anteilen nicht in Europa. Das reduziert folglich keine Abhängigkeit.

Die Wahrscheinlichkeit ist hingegen enorm, dass wir mit China bald dieselbe Situation erleben werden wie mit Russland: plötzlich stehen wir aufgrund eines Konfliktes (um Taiwan) da, unsere Bundespolitik spricht Sanktionen aus, alle wundern sich, dass „das ja keiner ahnen konnte“ und der wichtigste Lieferant für Ersatzteile und Ersatzanlagen fehlt. Was dann?

Brennelemente hingegen bekommen Sie von demokratischen Staaten wie Kanada und Australien, wo die größten Vorräte liegen und die größte Uranmine steht.7

Es hat schon seinen Grund, weshalb die CDU in ihrem neuen Grundsatzprogramm gleich an mehreren Stellen8 wieder ein Comeback der Kernkraft fordert und ihre Schwesterpartei [CSU] von einer (Zitat) „ideologisch verblendeten Fehlentscheidung“ spricht. Windkraft wird übrigens im neuen Grundsatzprogramm der CDU nicht mal wörtlich erwähnt.9

Da jedem wohl klar sein dürfte, dass die Ampel keine weitere Legislatur regieren wird und die Grünen keinen weiteren Ministerpräsidenten stellen können, könnte man auch diesen Regionalplan einfach 1-2 Jahre aussitzen, bis wieder eine konservative Partei Politik macht. Dann hätte sich das doch erledigt. Der einzige Grund, der dagegenspricht, ist leider, dass wohl fast allen Vertretern der CDU klar ist, dass ihre Partei künftig weiter und auch noch im Bund mit den Grünen regieren will und sich daher – trotz dem neuen Grundsatzprogramm – mit der CDU nichts ändern wird.

Liebe Kollegen,
Bürgermeister und Gemeinderäte müssen natürlich auf die Finanzen der Gemeinde schauen und daher ist nachvollziehbar, dass diese Gemeindeflächen für Windkraftanlagen vergeben wollen. Wohlgemerkt sind Interesse und Akzeptanz daher auch wesentlich höher, wenn es um Flächen der Kommunen geht, als wenn es um Flächen von Privatpersonen geht. Finanziell lohnt sich das schließlich. Aber insgesamt betrachtet verschärft es die Kosten für die Bevölkerung immer weiter und ist nicht sinnvoll.

Dazu kommt die Tatsache, und die ist für kommunale Verpachtungen wichtig, dass die Wirtschaftlichkeit der WKA nicht von der freien Marktwirtschaft, sondern vom Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abhängt und der Bestand des Gesetzes über Jahrzehnte hinweg keinesfalls sicher ist. Damit könnte eine Rückbau-Pflicht mit der Beseitigung von Bodenversiegelungen etc. als Kosten auf die Kommunen zukommen, wenn der Pächter ausfällt.

Es gibt erste Berechnungen für Anlagen in Bayern, dass der Steuerzahler bis zu 600.000 Euro pro Windrad und Jahr draufzahlt, denn „die Physik lässt sich nicht überlisten, die Stromausbeute einer Windkraftanlage verändert sich mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit.“ Das bedeutet: durchschnittlich 25% weniger mittlere Windgeschwindigkeit führt nicht zu 25% weniger Strom, sondern 25% weniger Wind führt zu 58% weniger Stromerzeugung.“10

Vielleicht gehört der geringere Windertrag zu den realen Fakten, die dazu führten, dass es in Baden-Württemberg eben weniger Anlagen gibt als in anderen Bundesländern. [Der Landrat hatte die wenigen Anlagen im Vergleich zu anderen Bundesländern zu Beginn kritisiert und dafür Theorien aufgestellt.]

Windkraftanlagen sind bei uns nicht konkurrenzfähig. Wenn das EEG endet, dann werden die Windräder bei uns in die Insolvenz gehen und das wird auch für die Kommunen Folgen haben.

Wer diese Fakten nicht glauben will oder meint bzw. behauptet, dass die „Erneuerbaren“ nicht subventioniert wären, der sollte sich das EEG-Konto anschauen. Da lagen im Januar 2023 noch knapp 15 Milliarden Euro drauf und bis Februar diesen Jahres war es 133 Millionen Euro im Minus. Wer gleicht denn das aus? Die Bundesregierung mit Steuergeld!11

Die Lücke, die zwischen Einspeisevergütung und den Einnahmen beim Verkauf des Stroms entsteht, ist das fehlende Geld auf dem EEG-Konto. Und bis 2022 hat man das EEG-Konto per Abgabe auf der Stromrechnung gefüllt, seit 2023 aber mit Steuergeld. Die EEG-Umlage ist weggefallen, doch springt jetzt der Steuerzahler direkt ein und zwar ganz egal wie groß das Defizit wird!

Ja, wenn schon Windkraftanlagen [für den Landkreis], dann wenigstens mit Entschädigung. Aber besser doch, wenn wir diese verhindern und nicht aus blinder Regierungshörigkeit jeden Unsinn mitmachen, bis man endlich wieder eine „ideologisch verblendete Fehlentscheidung“ (so die Union) korrigiert und damit genauso schlau ist wie die anderen EU- und Industrieländer, die die Grünen offenbar alle für „Geisterfahrer“ halten.

Wir als Partei und Fraktion müssen uns daher auch gegen das unlautere Framing wehren, dass WIR die Bürger der Gefahr aussetzen, dass sie WKA vor die Haustüre gesetzt bekommen, wenn wir uns nicht für die Regelung des Regionalplans einsetzen!

Wer hat denn diese Regelung, dass man uns die Planungshoheit wegnehmen könnte, gemacht? Das waren doch nicht die Grünen alleine.

In der Landesregierung ist immer noch die CDU. Ein Minister der Landesregierung kommt doch sogar aus dem örtlichen CDU-Kreisverband. Wenn das nicht für den nötigen Einfluss langt, ja was denn dann? Stattdessen versuchen Sie nun das Regelungschaos der Landesregierung über den Regionalplan zu umgehen. Und dann erklärt unser Landrat, ebenfalls CDU, dass wir riskieren, die Planungshoheit zu verlieren, wenn wir uns nicht freiwillig diesem Unsinn unterwerfen? Das geht so nicht.

Noch ein paar Worte zu den Argumenten der Vorredner:

Im Jahr des Atomausstiegs [2023] wurde Deutschland, das Industrieland Nummer eins in der EU, von Stromimporten abhängig. Die exportierte Strommenge ging um über 20% zurück, die Stromimporte stiegen um 40%.12

Damit Sie das einschätzen können: «Ein Cent mehr beim Strompreis bedeutet z.B. bei der Batteriezellen-Produktion 100 Millionen Euro höhere Kosten».13

Kein Wunder, dass daher auch der Bundesrechnungshof die Versorgungssicherheit anzweifelt und die mangelnden Back-up-Kapazitäten bemängelt, die Strom liefern, wenn Flaute herrscht und keine Sonne scheint.14

Zudem bezahlen wir nahezu 3x so viel für den importierten Strom, wie wir für den exportierten Strom bekommen.15

Wind und Sonne mögen ja keine Rechnung schicken, doch das Netz-Engpass-Management [Redispatch] wird voraussichtlich 6,5 Milliarden Euro pro Jahr kosten, meint der Bundesrechnungshof.

Und: Die Windkraft trägt in Baden-Württemberg nur 1% zur gesicherten Stromversorgung bei.16 Dieses eine Prozent ist allerdings viel im Gegensatz zu den Photovoltaik-Anlagen, die 0% zur gesicherten Leistung beitragen.

Laut den Angaben von Minister Hauk liegt der Mittelwert der bei uns seit 2021 in Betrieb gegangenen Windkraftanlagen bei 2.100 Volllaststunden.17 Das ist ein Jahresnutzungsgrad von etwa 25%. Zum Vergleich: die Wasserkraft schafft etwa 50%, Braunkohle das Dreifache und Kernenergie fast 90%, d.h. sie liefert an ca. 7.700 Stunden im Jahr Energie.

Grün-Schwarz wollte bis 2026 1.000 neue Windräder in Betrieb nehmen. Die brauchen sie auch, denn alleine um den abgeschalteten Reaktor von Neckarwestheim zu ersetzen braucht man über 1.200 Windräder – und zusätzlich Backup-Kraftwerke. Doch Sie wissen selbst, dass im letzten Jahr wie viele neue WKA – also keine Ersatzanlagen – gebaut wurden? 16 in Baden-Württemberg? Wo sollen über 1.000 Anlagen hin, die besten Standorte sind doch längst belegt?

Und natürlich: die EEG-Umlage ist weggefallen, aber die Kosten für Beschaffung und Vertrieb haben sich von 2021 zu 2024 mehr als verdoppelt [7,93 ct/kWh zu 18,69 ct/kWh], auch das Netzentgelt ist gestiegen [7,80 ct/kWh zu 11,51].18 Damit verbunden steigt auch die MwSt. [Weitere kleinere Aufschläge sind ebenfalls gestiegen wie die Offshore-Netzumlage.] Den Wegfall der EEG-Umlage merkt daher niemand beim Endpreis.

NTV vom 14.04.24
NTV vom 14.04.24

Nötige Infrastruktur-Projekte wie die Odenwald-Transversale wurden zum Schutz der Fledermäuse verhindert, denn man hätte die zulässige Geschwindigkeit auf 30 km/h reduzieren müssen. Bei WKA hingegen werden die «Schlagopfer» relativiert.

Im Windenergie-Testfeld «WINSENT» bei Geislingen [Landkreis Göppingen] begann diesen Montag eine offizielle Untersuchung, wie man durch Abschaltzeiten der WKA die «Schlagopfer» reduzieren kann.19 Was werden diese Abschaltzeiten wohl für die Rentabilität von WKA bedeuten?

Wir stimmen den Forderungen daher zu, aber wir können dem Brief nicht zustimmen. Windkraft trägt zur gesicherten Energieversorgung nichts bei und damit auch nicht zum Schutz von Umwelt oder Klima. Und Windkraft macht uns auch absolut nicht unabhängig von äußeren Umständen, denn dann wären die Stromimporte nicht so hoch wie nie zuvor.

Liebe Kollegen,
Sie wissen, dass wir uns bereits mehrfach für Plattformen zur Bürgerbeteiligung stark gemacht haben. Und auch bei diesem Thema wäre eine Befragung der Bürger hilfreich gewesen, besonders für alle, die der Meinung sind, dass es doch angeblich einen großen Grundkonsens gäbe. Denn die Kontroverse um Gemeinderäte und Bürgerinitiativen zum Thema zeigt, dass die Wünsche und Sorgen der Bürger viel mehr Beachtung bräuchten und einbezogen werden müssten.

Falls der Brief tatsächlich etwas erreichen sollte, dann würden wir das natürlich begrüßen. Aber die Gesamtsituation für unseren Kreis ist so fatal, egal ob wir am Ende 6,2% oder 6,7% alleine für die Windkraftpläne zur Verfügung stellen müssen. Als Erfolg kann man hier nichts feiern.

Trotzdem bedanke ich mich herzlich bei Ihnen für den demokratischen Meinungsaustausch und die Aufmerksamkeit.


Meinungsaustausch zur Kernkraft

Die Rede oben war die letzte Rede der Fraktionen zum Thema, danach folgten allerdings noch ein paar Meinungsbeiträge von einzelnen Kreisräten. Besonders ein Kreisrat der Grünen und ein Kreisrat der SPD schimpften über Kernkraft als alternative Lösung. Dies mündete im Vorwurf an uns, dass wir Politik machen würden im Stile „nach mir die Sintflut“ und dass wir die Erde ausbeuten würden bis zum bitteren Ende.

Diesen Vorwurf mussten wir natürlich zurückweisen. Die Panik der Grünen und der SPD, die diese vor Kernenergie haben, ist vollkommen übertrieben. Bei ihren Vorstellungen von Kernenergie denken sie an 70 Jahre alte Technologie, anstatt der heutigen Technologie. Dabei machen sie das bei Windenergieanlagen doch auch nicht, sondern argumentieren jeweils mit den neuesten Anlagen.

Für Deutsche ist die Vorstellung der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl verbunden mit der Vorstellung, dass große Gebiete dauerhaft verseucht und für Menschen unbenutzbar wurden. Tatsache ist jedoch, dass in den verbliebenen Reaktoren von Tschernobyl weiter Strom über Jahrzehnte hinweg erzeugt wurde, d.h. Menschen arbeiteten weiter dort. Tatsache ist ebenso, dass die Großräume Hiroshima und Nagasaki heute Millionenstädte sind, trotz der Atombombenabwürfe im August 1945. Und die Japaner haben trotzdem die höchste durchschnittliche Lebenserwartung (mit Ausnahme einiger Kleinstaaten). Zweifellos will keiner solche Vorfälle, doch die Panik in Deutschland ist in Anbetracht der nüchternen Fakten weit übertrieben.

Oft bekommt die AfD den Vorwurf zu hören, sie würde Angst verbreiten. Dabei ist es insbesondere das linke Milieu um die Grünen und SPD, die mit Angst vor dem Weltuntergang Stimmung machen, Panik verbreiten und neue Steuern begründen. Angst vor dem Ende der Menschheit, vor dem Weltuntergang und der Klimakatastrophe, Angst vor Corona, Angst vor Feinstaub, Angst vor dem Ozonloch, in den 70ern noch Angst vor einer neuen Eiszeit, usw. Mit Angst lässt sich schon seit Jahrhunderten viel Geld verdienen und in der Regierung führen linke Parteien dies zur Perfektion. Zweifellos drückt auch die AfD ihre Sorge vor vielen Entwicklungen aus, denn es gibt gefährliche Entwicklungen. Doch immer, wenn die angebliche Lösung neue oder höhere Steuern sind, dann sollte man misstrauisch werden.

Tatsache ist aber insbesondere, dass es inzwischen z.B. schon im Einsatz befindliche Brutreaktoren bzw. „schnelle Brüter“ gibt. Mit diesen können Unglücke wie Tschernobyl nicht mehr passieren. Bei Brutreaktoren ist eine Kernschmelze beim Ausfall der Kühlung durch einen Stromausfall unmöglich (im Gegensatz zu früheren Leichtwasserreaktoren), was auch schon experimentell verifiziert wurde. Schnelle Brüter sind Leichtwasserreaktoren (wie Harrisburg oder Fukushima) daher wesentlich überlegen. Abgewandelt zum Dual-Fluid-Reaktor werden Brutreaktoren voraussichtlich sogar noch besser, allerdings ist der Dual-Fluid noch in Entwicklung bzw. im Test, vom schnellen Brüter gibt es jedoch bereits einige im realen Einsatz oder werden gerade in Betrieb genommen (z.B. der PFBR).


Auch die Endlagerfrage ist ein veraltetes Thema. Für Brutreaktoren ist Atommüll (z.B. aus Leichtwasserreaktoren) kein Abfall mehr, der Millionen Jahre eine Lagerung benötigt, sondern wird zum Rohstoff. Nach der Nutzung im schnellen Brüter strahlt der Abfall nur noch ein paar 100 statt 100.000 Jahren. Alleine schon um unsere bisherigen Abfälle loszuwerden bzw. zu reduzieren wäre daher der Bau von Brutreaktoren sinnvoll! Jede Menge Energie, weniger Abfall und viel weniger Endlagerkosten, was will man mehr? Gegner der Kernkraft sollten daher erklären, wieso sie gegen wesentlich kürzere Strahlungszeiten der Abfälle sind.

(Aufgrund höherer Kosten als für Leichtwasserreaktoren werden sie allerdings bisher nur selten gebaut. Doch rechnet man die Kosten für ansonsten anfallende Endlager ein, dann lohnt sich der Bau zweifellos, weshalb dies einige Staaten ja bereits angegangen sind.)

Wir sagten daher klar, dass für uns Technologie die Lösung ist. „Rückständig“ (wie man es uns vorwarf) ist sicher nicht die Kerntechnologie, sondern Windmühlen in Gebieten ohne entsprechenden Wind.


Zudem sollte den Kernkraft-Gegnern klar sein: laut einer Studie der Uni Stuttgart wurde das Weltklima, alleine durch die Abschaltung der letzten drei deutschen Kernkraftwerke, mit 15 Millionen Tonnen zusätzlich ausgestoßenem Treibhausgas CO2 pro Jahr belastet.

Wir machen also ganz sicher keine Politik im Stile „nach mir die Sintflut“, sondern wir wollen bestehenden Müll recyceln und setzen auf technologische Lösungen mit Verstand. Windkraftanlagen, die 3/4 der Zeit keinen Strom liefern und von denen man Zehntausende bräuchte, sind für Süddeutschland keine Lösung.


  1. Deshalb sagt auch der durchschnittliche EU-Strompreis einer Erzeugungsart nichts aus, weil der Ort der Erzeugung bei Windkraft- oder Photovoltaikanlagen natürlich von entscheidender Bedeutung ist für den durchschnittlichen Ertrag. ↩︎
  2. 0,59% – das Land verlangt 0,2%. / Einheitlicher Regionalplan Rhein-Neckar, Fortschreibung des Teilregionalplans Freiflächen-Photovoltaik, Dezember 2023, Vorlage VV (VO-VV/2023/018) ↩︎
  3. S 2 S. 2 EEG ↩︎
  4. Gleiche Drucksache wie [1]: Einheitlicher Regionalplan Rhein-Neckar, Fortschreibung des Teilregionalplans Windenergie, Dezember 2023, Anlage 1 ↩︎
  5. Stuttgarter Zeitung Stadtausgabe vom 20.04.2024, Seite 5, Titel: „Strafe droht, wenn Windrad weiter Strom einspeist“ / 2024 wurden bis zum 1. April zudem bereits 103 WKA mit 126 Megawatt stillgelegt und 131 mit 667 Megawatt errichtet. Selbst ohne Zunahme an WKA ist folglich ein ständiger Austausch der Windkraftanlagen nötig und dafür die nötigen Teile, also die Abhängigkeit von China. ↩︎
  6. Zudem sind deutsche Hersteller wie Eickhoff längst insolvent oder am Rande der Pleite wie Siemens Energy. Bei einem Verlust von 4,5 Milliarden Euro mit Windrädern 2023 von Siemens Gamesa benötigte Siemens zwölf Milliarden staatliche Garantien. ↩︎
  7. Die mit riesigem Abstand größte Uranmine der Welt liegt in Kanada und die mit Abstand größten Vorräte insgesamt liegen in Australien. ↩︎
  8. Zeilen 92, 1778, 1784; finaler Entwurf, Mitgliederumfrage mit über 66.000 Teilnehmern ↩︎
  9. Suche nach Windkraft, WKA, WEA, Photovoltaik; allerdings Bekenntnis in Zeile 91 „Wir wollen die Erneuerbaren Energien deutlich ausbauen. Wir können zurzeit nicht auf die Option Kernkraft verzichten.“ ↩︎
  10. Oder andersrum: „Die Windleistung wächst mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit. Mit anderen Worten: Eine Verdopplung der Windgeschwindigkeit ergibt die achtfache Windleistung.“ ↩︎
  11. In den ersten beiden Monaten 2024 schon 1,41 Milliarden Euro. Vgl. auch hier und hier. ↩︎
  12. Und wer denkt, dass unsere Strom-Importe aus “grünen” dänischen Windkraftanlagen kommen, der täuscht sind. Dänemark ist ein Transit-Land ist und der Strom meist aus Norwegen und Schweden und in Schweden haben Sie wieder 1/3 Kernkraft im Mix. Zudem sollte man bedenken, dass diese „grüne“ Energiepolitik nur funktioniert, solange die anderen Länder eben NICHT mitmachen. Denn irgendwer muss uns den überschüssigen Strom bei viel Wind abnehmen (ca. 25% der Zeit) und unsere Lücke bei Windstille ausgleichen (ca. 75% der Zeit). Das funktioniert nicht, wenn alle auf Windräder setzen würden. ↩︎
  13. Minister Habeck meinte kürzlich, dass die Strompreise im Großhandel um 40% gesunken wären. Er bezieht sich auf die Preise am Terminmarkt. Die sind im Vergleich zum Vorjahr gesunken, liegen aber noch immer weit über den Preisen von 2018 bis 2020. Außerdem verschweigt er, dass die Strompreise für die Industrie noch immer weit höher als im Ausland liegen. Zum Vergleich: ein energieintensiver Betrieb wie eine Eisengießerei musste 2023 bei uns 7,9 Cent pro Kilowattstunde Strom bezahlen, in den USA 5,7 Cent und in China nur 4,1 Cent. Autohersteller zahlten bei uns dreimal so viel für Strom wie in den USA. 2019 hingegen war das Niveau ähnlich. Die Preise sind also nach wie vor nicht wettbewerbsfähig. Und kaum ein Experte rechnet mit sinkenden Preisen, da für den künftigen Ausbau nicht nur Windräder und Solardächer bezahlt werden müssen, sondern auch Reservekraftwerke, Netzausbau, usw. Entweder zahlt das der Verbraucher oder der Staat (Steuerzahler). (Quelle)
    Der deutliche Produktionsrückgang der energieintensiven Industriezweige seit 2022 kann in dieser Statistik eingesehen werden. Grundlage ist ein Gutachten vom Bundesverband der deutschen Industrie (BDI). ↩︎
  14. Stuttgarter Zeitung Stadtausgabe (Hauptausgabe) vom 13.04.2024 / „Unterdessen rühmt die deutsche Regierung sich zwar, den heimischen Strom erstmals überwiegend aus erneuerbaren Quellen gewonnen zu haben. Just im Jahr des Atomausstiegs war das Industrieland Nummer eins in der Europäischen Union aber von Stromimporten abhängig. Während die Importe um 40 Prozent zugenommen haben, ging die exportierte Strommenge um mehr als 20 Prozent zurück. Unterm Strich blieb ein Importüberschuss. Das war zuletzt vor zwei Jahrzehnten einmal vorgekommen. Atomkraftwerke abzuwracken und zugleich den Kohleausstieg anzupeilen, während der Strombedarf wegen der Elektrifizierung von Heizungen und Verkehr absehbar enorm ansteigen wird, ist für einen Industriestandort eine ziemlich riskante Wette auf die Zukunft. Auch der Bundesrechnungshof hat unlängst die Versorgungssicherheit angezweifelt. Fazit seiner Mängelrüge: „Die Energiewende ist nicht auf Kurs.“ Der Netzausbau und die Installation von Windrädern hinkt dem Bedarf hinterher. Zudem mangelt es an sogenannten Back-up-Kapazitäten, die dann Strom liefern, wenn Flaute herrscht und keine Sonne scheint.“ / Minister Habeck aber reagierte beleidigt und trotzig auf den Bundesrechnungshof. ↩︎
  15. Beispiel letzter Juli: “Der Exportpreis lag bei 38,60 Euro pro Megawattstunde (MWh), während der Importpreis bei 97,20 Euro lag.” Wir bezahlen also fast 60 Euro pro MWh mehr, als die EU-Nachbarn für unseren Strom zahlen. “Da deutsche Unternehmen etwa 59 Euro mehr für die Megawattstunde zahlen mussten, als die Nachbarn für unseren Strom ausgeben, ergibt sich ein Delta von 340 Millionen Euro, das Deutschland gegenüber seinen Nachbarn in Bezug auf die eingekaufte Strommenge draufzahlt.” Laut Statistik vom Oktober sind die Kosten für Stromimporte zwischen April und August auf 2,6 Milliarden Euro gestiegen. ↩︎
  16. Laut dem letzten Statusbericht 2021 zum Monitoring der Energiewende sind es 1%. Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 17/2492 Antrag der Grünen mit Antwort von Minister Peter Hauk (CDU). ↩︎
  17. Ebenfalls Landtag, Drucksache 17/2492, Seite 6 ↩︎
  18. Grafik bei NTV vom 14.04.2024 ↩︎
  19. DPA-Meldung vom 22.04.2024 “Projekt soll Vögel schützen und Betreibern von Windrädern helfen” ↩︎