Auf Antrag der Grünen beschäftigte sich der Kreistag in der Mai-Sitzung 2021 in Walldürn mit dem “Klimaschutz in den Landkreisen – Handeln im Neckar-Odenwald-Kreis”. Außerdem gab es eine Aussprache nach dem neuesten Sachstandsbericht zu den Neckar-Odenwald-Kliniken. Es folgten Formalien, sowie Mitteilungen und Anfragen. Bei letzteren fragten wir nach Kostenzunahmen bzgl. dem GTO, sowie nach dem Abschalten der Kommentar-Funktion in Facebook.

Klimaschutz in den Landkreisen (Positionspapier des Landkreistags) – Handeln im Neckar-Odenwald-Kreis – Antrag der Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen

Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen sorgte für einen erstaunlichen Vorgang. Eigentlich sollte jedem klar sein, dass es für die Grünen nie “genug” Klimaschutz geben kann. Jedem sollte klar sein, dass diese immer noch mehr fordern würden. Den Antrag der Grünen sorgte jedoch für eine Welle von Rechtfertigungen.

Seitens des Landratsamtes erklärte man, wie unglaublich viel man schon für den Klimaschutz macht und wie gut man im Vergleich mit anderen dasteht. Dazu gab es endlose Präsentationen und ergänzende Informationen. Um die 300 der 350 Seiten Vorlage zur Kreistagssitzung beschäftigten sich mit dem Thema der Grünen. Es gab Rechtfertigungen zu den konkreten Fragen der Grünen, zum Positionspapier des Landkreistages “Klimaschutz in den Landkreisen”, zu den “Substainable Development Goals (SDGs) – 17 Nachhaltigkeitszielen, die die Vereinten Nationen 2015 als “Kernstück der Agenda 2030 und damit als Fahrplan für die Zukunft beschlossen haben”, zur Umsetzung der SDGs ganz konkret im Landkreis (basierend auf einer Bertelsmann-Auswertung), eine “Begriffsbestimmung” der “Klimaneutralen Kommunalverwaltungen” seitens der Landesenergieagentur, sowie den “Statusbericht kommunaler Klimaschutz in Baden-Württemberg” zu lesen. Der Landrat ergänzte dann noch persönliche Anmerkungen zum vorbildlichen Vorgehen des Landkreises.

So hat der Neckar-Odenwald beispielsweise bereits seit 2011 nur noch “saubere” Energie. Das ist jedoch selbstverständlich absolute Augenwischerei bzw. Greenwashing, denn wenn ein Verbraucher für mehr Geld formell auf reinen “Ökostrom” umsteigt, dann bekommen ganz einfach die verbliebenen Verbraucher ohne festen Energiemix ab dem Zeitpunkt formell noch weniger “Ökostrom”, der Gesamt-Energiemix ändert sich also nicht.

Genauso wie das Landratsamt begannen die anderen Parteien/Fraktionen mit Rechtfertigungen. Die zahlreichen Bürgermeister, die man in Kreistagen meist findet, wollten natürlich ebenfalls, dass man weiß, was sie alles für das Klima tun. Keiner wollte von den Grünen so dargestellt werden, als wäre ihm das Klima egal. Kritik hingegen gab es kaum.

Die Junge Freiheit schrieb am 19.09.2019 in einem Artikel ein paar Worte, die auch diese emotionsgeladenen Rechtfertigungen sehr treffend beschrieben:

“Die „Klimaschutz“-Welle hat einen Grad an Hysterie erreicht, der an Endzeit-Sekten erinnert. Das verbissene Eiferertum und die fanatische Unbedingtheit der Protagonisten legt davon beredtes Zeugnis ab. Wer ihren Maximalforderungen widerspricht, dem wird unterstellt, mindestens den Weltuntergang oder doch die Vernichtung der Menschheit billigend in Kauf zu nehmen.”

Junge Freiheit am 19.09.20219

Und so fielen sie alle auf den Antrag der Grünen rein. Die nämlich führten in ihrer umfangreichen und schwarzmalerischen Rede vom Untergang des Planeten aus, dass sie gar nicht unterstellen wollten, dass der Kreis zu wenig tun würde. Aber es wäre für sie der glücklichste Tag bisher im Kreistag, weil man seit Stunden nur über das Klima spricht und weil so auch die Presse morgen wieder über das Klima berichten muss… Genau diese Absicht hatten wir (offenbar als Einzige) schon vermutet.

Unsere Rede:

Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

das Thema „Klimaschutz in den Landkreisen – Handeln im Neckar-Odenwald-Kreis“ auf Antrag von Bündnis 90/Die Grünen bricht ein Thema auf die Kommunalpolitik herunter, welches kein Thema für uns ist.

Natürlich haben wir jetzt schon von fast allen faktisch gehört „Klimaschutz betrifft uns alle“, aber mit dem Argument, dass etwas uns alle betrifft, kann man jedes Thema zum Kreistagsthema machen und das ist gerade nicht der Sinn der Sache. Auch ist Klimaschutz nicht gleichzusetzen mit Umweltschutz, wie das hier teilweise vermischt wurde.

Klar, der Landkreis kann seine Energieverbräuche reduzieren und wir könnten das jetzt alles im Detail durchgehen. Aber sind wir doch ehrlich: um diese Kleinigkeiten geht es hier nicht – die macht die Verwaltung sowieso. Es geht den Grünen mit Ihrem Antrag darum uns auf allen politischen Ebenen ihr Dauer-Wahlkampfthema „Klimawandel“ zu servieren und plötzlich überbieten sich manche geradezu im „Klima-Aktionismus“.

Mit den vielen Details bis hinein in die Kommunalpolitik, scheinen für viele die globalen Zusammenhänge aus dem Blickfeld zu verschwinden.

Zur Qualität der „globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung“ habe ich bereits im Ausschuss für Wirtschaft, Umwelt und Verkehr kritische Nachfragen gehabt. So ist z.B. eines der Kriterien unter Punkt 16 des SDG-Portals der Bertelsmann-Stiftung die Ausgabe von „Liquiditätskrediten“ in „Euro je Einwohner“. Klar: wenn eine Kommune keinen Zugang zu Geld hat, dann kann sie weder gerecht noch umweltfreundlich agieren. Jedoch kann dieses „globale Ziel für nachhaltige Entwicklung“ mit den gegebenen Definitionen nur dann erreicht werden, wenn möglichst viele Kommunen möglichst hoch verschuldet sind. [Anmerkung unten] Da muss man sich doch die Frage stellen, wer sich so einen Unsinn ausdenkt?

Mich hat das daher nicht losgelassen und ich habe genauer nachgeschaut. Dieses Teilziel konnte ich jedoch gar nicht im SDG-Bericht 2020 der Vereinten Nationen finden. Auch im Indikatorenbericht 2021 des Statistischen Bundesamtes stolperte ich nicht darüber. Mir stellt sich daher die Frage, ob die Bertelsmann-Stiftung in ihrem SDG-Portal ~warum auch immer~ noch ein paar Punkte dazu gedichtet hat. Insofern bitte ich die Verwaltung um eine kritische Überprüfung der verwendeten Quellen. Bertelsmann und ihr SDG-Portal scheinen mir so wenig als seriöse Quelle geeignet, wie bei Studien zur Krankenhausdichte.

Wenn ich das Positionspapier des Landkreistags lese, dann frage ich mich auch, wieso mischen sich Kreistage mit ihren Forderungen an die Regierung in Bereiche ein, die nicht ihre Aufgabe sind, z.B. die Forderung Nr. 23 nach einem Verbot von Einweg-Verpackungen aller Art. Das ist doch nicht ernsthaft eine Angelegenheit der Landkreise. Ebenso wenig wie die Forderung der Landkreise den Ausbau erneuerbarer Energien, Zitat „mit Nachdruck“ (!) zu unterstützen.

Nach aktuellem Stand soll der CO2-Ausstoß in Deutschland bis 2030 gegenüber dem Stand von 1990 um 65 Prozent sinken. Klimaneutralität wird nun bis 2045 angestrebt, statt wie bisher bis 2050. Baden-Württemberg hat noch strengere Vorstellungen. Und im Kreis erwarten die Grünen sogar, so ihr Antrag, dass der Neckar-Odenwald schon bis 2030 Klimaneutralität erreichen kann.

Selbst der CDU-Kanzleramtsminister Helge Braun musste allerdings auf Nachfrage der Abgeordneten Beatrix von Storch im Bundestag einräumen, dass Deutschland durch die Reduktion von CO2 praktisch nichts gegen den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur tun kann. Was ist also der Sinn?

Wenn dieser Fakt auffällt, dann wird als nächstes behauptet, dass Deutschland eine Vorbildfunktion habe. Wenn Deutschland seinen CO2-Ausschoß reduziert, würden das auch andere tun. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Wenn Deutschland seinen CO2-Ausstoß schneller reduziert, dann heißt das, dass z.B. die osteuropäischen Staaten mehr CO2 ausstoßen dürfen. Wenn Deutschland 2045 auf null wäre, dann würden dadurch Spielräume für andere EU-Länder geschaffen werden, ihre Netto-Null weiter nach hinten zu verschieben.

Global gesehen sieht es noch drastischer aus. Deutschland darf mit den neuen Klimazielen in den nächsten 24 Jahren (also bis 2045) noch so viel CO2 ausstoßen, wie China in nur einem halben Jahr verbraucht. Der Kohleverbrauch in China ist 35mal größer als der deutsche. Und „Nein“: in China leben nicht 35mal mehr Menschen. Während Deutschland die eigenen Kohlekraftwerke stilllegt, befinden sich gerade Kraftwerke im Bau mit der neunfachen Kapazität der deutschen.

Was also wollen Sie mit Ihrer Politik bis hin auf Kreisebene erreichen, insbesondere liebe Kolleginnen der Grünen?

Lassen Sie mich das ganz klar sagen, damit das nicht später falsch dargestellt wird:

➢ Wir leugnen nicht den Klimawandel.
➢ Und ob er vom Menschen beeinflusst ist, dazu treffe ich keine Aussage – das überlasse ich Experten.

Wir befürworten auch sinnvollen Umweltschutz. Was wir aber kritisieren ist, dass es für die Maßnahmen, die Sie treffen und bis hinein in die Kommunalpolitik tragen und die unfassbar viel Geld kosten, keinen messbaren Effekt auf das Weltklima gibt. Und zwar ganz egal, von welchem Klimamodell Sie ausgehen. Und wenn nicht mal Deutschland einen messbaren Effekt leisten kann, warum müssen wir uns dann sogar im Kreistag damit beschäftigen?

Bevor es heißt, dass „Nichtstun“ auch keine Option ist: Wenn Sie wirklich von einer drohenden Katastrophe ausgehen, von einem „ökologischen Minenfeld“ – wie es die Grünen gerade nannten – dann müssen Sie das viele Geld nutzen, um auf die Veränderungen zu reagieren und es nicht verplempern mit dem Versuch die weltweite Erwärmung fast im Alleingang zu stoppen. Keine der Veränderungen, die Sie dem Klimawandel zuschreiben und die gerade so schwarzmalerisch dargestellt wurden, können Sie verhindern.

Wie viele Staaten kennen Sie denn, deren Häuser besser gedämmt sind, als unsere? Wir können es einfach nicht verstehen, dass man sich bei uns so größtenteils kritiklos in kleinteiligen Mini-Maßnahmen verliert, während der Rest der Welt höchstens Lippenbekenntnisse abgibt. Anhand dieser Tatsache geht dem angeblichen “Klimaschutz” jede Glaubwürdigkeit verloren.

Wenn Sie also wirklich der Überzeugung sind, dass man das Klima retten muss und kann, dann müssen Sie erstmal die Glaubwürdigkeit wieder herstellen.

Wir stimmen dem Beschlussvorschlag daher nicht zu und freuen uns, dass wir damit nicht alleine sind, dank ausgerechnet den Grünen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Kreisrat T. Eckert am 17.05.2021

Bezüglich dem vorletzten Satz ist anzumerken, dass die Grünen in ihrem Beitrag vor uns angekündigt hatten, dass sie dem Beschlussvorschlag nicht zustimmen wollen, weil er ihnen nicht weit genug geht. Neben der Kenntnisnahme des Beschlussvorschlages sollte die Verwaltung beauftragt werden, “die einzelnen Klimaschutzziele, soweit sie vor Ort konkret beeinflussbar sind, auch weiterhin nachhaltig in ihre tägliche Arbeit einfließen zu lassen.” Das war den Grünen nicht genug. Uns hingegen war das zu viel des Guten – die Verwaltung hat andere Aufgaben, als bei ihrer täglichen Arbeit auf einzelne Klimaschutzziele zu achten.

Ablehnen wollten die Grünen dann aber doch nicht – zusammen mit der AfD. Sie enthielten sich dann, während nur die AfD ablehnte.

Zukunftskonzept für die Neckar-Odenwald-Kliniken – Aktueller Sachstandsbericht

Die letzte öffentliche Debatte zu den Kliniken war im September 2020, also schon sehr lange her dafür, dass die Kliniken in Schieflage sind und mit der “Pandemie-Situation” noch schwierigere Umstände eintraten. Zwischenzeitlich war der Kreistag zwar intern informiert worden, jedoch ist die Zukunft der Kliniken selbstverständlich ein Punkt von öffentlicher Relevanz. Wir hätten uns daher zwischenzeitlich mehr öffentliche Berichte dazu gewünscht und hatten im Sinne der Transparenz eine öffentliche Thematisierung für Dezember/Januar gewünscht, dem man aber nicht nachkam.

Es überraschte daher, dass trotz der langen Ruhe zum Thema nicht alle Fraktionen zum Thema sprechen wollten. So kam z.B. von den Grünen nichts. Vielleicht weil gerade ihr Sozialminister Lucha für weitere fünf Jahre im Amt bestätigt wurde und das obwohl er einer der Haupt-Verantwortlichen für das “Konzentrieren” von Kliniken ist, also dem Abbau von Klinik-Strukturen.

Unsere Rede:

Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

beim letzten Mal, als die Kliniken öffentlich thematisiert wurden, ging besonders die Kollegin der Grünen den wunden Punkt der Abrechnung der Kliniken an. Und sie hatte Recht damit, dass Defizite in der Kodierung keine höhere Gewalt sind. Wer nicht ordentlich abrechnet, der kann auch kein Geld verdienen. Das gilt für einen Handwerker, einen Gastronomen und eben auch für einen Arzt, also in allen Bereichen. Aber: bei einem Gastronomen ändert sich nicht jedes Jahr die Kodierung und auch ein Handwerker muss nicht jedes Jahr neu geschult werden, wie er seine Leistung optimal abrechnen kann. Der Fehler liegt also trotz allem im System.

Dennoch haben unsere Klinken inzwischen viele Maßnahmen unternommen, um die Abrechnung zu verbessern. Doch wie wir erfahren haben, ist die existenzielle Bedrohung für den Erhalt unserer Krankenhäuser in gewohnter Form weiterhin real.

Die bestmögliche Abrechnung anzustreben darf daher nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Fehler trotzdem ein politischer Fehler ist. Denn dieser Fehler kostet uns nicht nur Geld, sondern eben auch Personal. Ein Gesundheitssystem, welches monetär getrimmt ist, trägt maßgeblich dazu bei, dass viele hochqualifizierte Fachkräfte ins Ausland abwandern. Dieser Unsinn befeuert also unseren Fachkräftemangel. Und da sind wir als Landkreis dann doch bei „höherer Gewalt“, denn das haben Bund und Land zu verantworten.

Daher explizit an die Grünen: vergessen Sie bitte trotz Problemen bei der Abrechnung nicht die Verantwortung auch bei der Landes- und Bundespolitik zu suchen. Ihr Sozialminister und Ihre seit zehn Jahren regierende Landesregierung haben eine maßgebliche Verantwortung für die Situation, in der sich das Land heute befindet und damit auch für unsere Kliniken. Wenn in Baden-Württemberg mehr Kliniken von der Insolvenz bedroht sind, als in anderen Bundesländern, dann müssen Sie dafür die Verantwortung übernehmen.

[Anmerkung: auch auf Bundesebene waren es die Grünen, die die Weichen zu den Fallpauschalen gestellt hatten. Und programmatisch ist nach wie vor keine Änderung geplant.]

Es kann nicht so weitergehen, dass unser Krankenhaus den Kreis auszehrt und der wiederum die Kommunen, die dann an anderen wichtigen Stellen sparen müssen.

Der Landkreistag schrieb im Oktober, Zitat: „Die Bundespolitik muss aber auch einsehen, dass die Lohnkosten in Baden-Württemberg nun einmal deutlich höher liegen als in anderen Bundesländern, und dies muss endlich bei den bundesrechtlichen Vorgaben für die Krankenhausfinanzierung berücksichtigt werden. Wenn in dem Bundesland mit der geringsten Bettendichte und einer anerkannt vorausschauenden Fortentwicklung der Klinikstrukturen bereits vor der Corona-Krise mehr als die Hälfte der Kliniken rote Zahlen geschrieben hat, dann liegt der Fehler eindeutig im System.

Die AfD forderte letztes Jahr im Bundestag ein komplett anderes Vergütungssystem für Krankenhäuser. Im Bundestag wurde nämlich eine Milliarden-Spritze für Investitionen beschlossen. Das klingt zwar toll, da diese Bundesmittel aber gleichzeitig auch an private, profitorientierte Krankenhausträger gehen, ist es eben mal wieder unsinnig gemacht.

Kommunale Träger auf dem Land, wie wir, brauchen diese Mittel. Grundversorger brauchen diese Mittel.

Daher kann ich nur wieder daran appellieren: machen Sie Ihren Partei-Kollegen in Berlin und Stuttgart mehr Druck! Man scheint auch nach Jahren und trotz Pandemie weder im Bundestag, noch im Landtag, zu verstehen, dass es ein Problem ist, wenn die Mehrzahl aller Krankenhäuser rote Zahlen schreibt.

Bei der Klinikleitung und allen Beschäftigen bedanken wir uns für ihr Durchhaltevermögen.

Vielen Dank.

Kreisrat T. Eckert am 17.05.2021

Weitere Themen

Nach zwei formellen Themen (Vorbereitung einer Gesellschaftervesammlung der Dienstleistungsgesellschaft des Neckar-Odenwald-Kreises (DIGENO) und dem Prüfungsbericht der Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg zur überörtlichen Prüfung der Bauausgaben des Kreises) ohne Aussprache folgte der Punkt Mitteilungen und Anfragen (der Kreisräte).

Eine Vertreterin der SPD berichtete über das Verteilen von Blumen-Samen.
Ein Bürgermeister der CDU stelle Nachfragen zum Regionalplan.
Anschließend hatten noch wir zwei Fragen an die Verwaltung.

Anstieg der Baupreise

Unsere erste Frage betraf die aktuell explodierenden Kosten im Bausektor. Hier zeichnet sich ab, dass Bauprojekte auch für uns wesentlich teurer werden. Insbesondere beim Neubau des Gymnasiums Osterburken (GTO), welcher vor weniger als einem Jahr beschlossen wurde und schon jetzt Kostensteigerungen hatte, deuten sich hier weitere Kostensteigerungen in Millionenhöhe an.

Der Kreiskämmerer konnte leider auch keine Entwarnung geben. Es gibt noch keine festen Verträge z.B. zu den Materialkosten und dementsprechend werden sich die Kosten ändern. Wir erwarten daher leider schon jetzt unzählige Millionen an ungeplanten Mehrkosten. Wie das der Kreis finanzieren soll ist unklar und bisher in keinem Haushalt eingeplant.

Keine Kommentare mehr in Facebook

Unsere zweite Frage betraf die Entscheidung des Landkreises, dass auf der Facebook-Seite des Landratsamtes generell keine Kommentierung mehr erlaubt ist. Da im virtuellen Raum “der Anstand nicht gewahrt” wurde, hat das Landratsamt aufgrund von “teilweise beleidigenden Kommentaren” die Kommentarfunktion für die mehreren tausend “Fans” der Seite abgeschaltet.

Wir finden das äußerst bedenklich. Wenn einzelne Personen strafbare Beleidigungen äußern, dann gibt es dagegen Rechtsmittel. Und wer den Anstand nicht wahrt, der kann auch gesperrt werden. Hingegen tausenden Bürgern den direkten Kontakt und Austausch mit dem Landkreis zu untersagen, aufgrund von ausfälligen Einzelpersonen, erscheint uns wie das absolut letzte Mittel. Wir wollten daher von der Verwaltung wissen
a) ob es Strafanzeigen gegen Personen im Zusammenhang mit Kommentaren auf der Facebook-Seite des Landkreises gab und
b) wie viele Personen auf der Facebook-Seite des Landkreises gesperrt wurden.

Offenbar gab es bisher nie Strafanzeigen im Zusammenhang mit Kommentaren auf der Facebook-Seite des Landkreises, zumindest nannte man uns keine. Das spricht dafür, dass die “Beleidigungen” wohl doch nicht so schlimm waren. Gesperrt wurden “einige” Personen. Auch das klingt nicht wirklich spektakulär. Jeder, der eine Facebook-Seite betreibt, weiß, dass man leider auch viele Accounts sperren muss, weil sie unkonstruktiv und unflätig nur auf Streit aus sind und man dafür weder ehrenamtliche Zeit aufwenden will, noch Mitarbeiter bezahlen kann.

Der Landkreis allerdings vertut eine Chance damit, dass er keine Kommentare mehr ermöglicht. Auf seiner Facebook-Seite konnte er falsche Informationen richtigstellen und mit dem Bürger direkt kommunizieren. Angebliche oder echte “Spinner” hingegen sind nun wieder in ihrer Blase und so nicht erreichbar. Gleichzeitig hat man die Meinungsfreiheit eingeschränkt, obwohl es bisher zwar sicher zu verbalen Ausfällen, aber offenbar zu keinen strafbaren Beleidigungen kam. Richtig wäre es gewesen unbelehrbare Einzelpersonen vom Kommentieren auszuschließen, bevor sämtliche Bürger ausgeschlossen werden.


Anmerkung: Bertelsmann definiert in seinem Begleitheft zu den SDG-Indikatoren für Kommunen genauer, was mit dem jeweiligen Indikator gemeint ist. Aus dem Portal geht dies nicht so hervor, wie aus den Steckbriefen dort. Die Liquiditätskredite (Nr. 110, SDG 16, 4.16.5) werden dort unter “Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen” geführt. Ein hoher Kredit je Einwohner verweist auf kurzfristige Finanzierungsengpässe der Kommunen, so Bertelsmann im Begleitheft, und indiziert “mithin eine grundlegende Schieflage in der Haushaltstruktur”. Die Liquiditätskredite wurden von unserer Seite aus also anders gedeutet, als Bertelsmann sie meint. Andere Institutionen greifen diese dennoch nicht als Indikator für die Erreichung der SDGs auf. Insofern halten wir die Ausarbeitung von Bertelsmann trotzdem für unzutreffend, um einen Landkreis zu beurteilen. Dies auch vor dem Hintergrund weiterer SDGs bzw. von Bertelsmann gewählter Indikatoren, die wir u.a. im Ausschuss schon kritisiert hatten. Beispielsweise definiert man dort, dass eine nachhaltige Kommune möglichst viele Kinder unter 3 Jahren betreuen muss (also nicht nur die Betreuung anbieten muss) oder dass genauso viele Frauen wie Männer arbeiten müssen, weil dies sonst ein Kriterium für die Diskriminierung der Frau nahelegt. Auch schafft Bertelsmann statistische Zusammenhänge, z.B. zwischen der Betreuung von Kindern unter 3 Jahren mit Naherholungsflächen, die nicht nachvollziehbar sind. Im Bereich der Krankenversorgung sorgen möglichst viele Krankenhausbetten für ein gutes Rating, was den sonstigen Studien der Stiftung zum Abbau von angeblichen Überkapazitäten aber komplett entgegen läuft und daher massiv verwundern muss. Wir halten daher, trotz der fehlerhaften Auslegung der Liquiditätskredite, unbedingt die Kritik daran aufrecht, dass die Bertelsmann-Stiftung und ihr Vergleichsportal nicht zum Bewerten der Landkreise geeignet sind und die sowieso schon unsinnigen SDGs noch unsinniger machen.